17. November 2014

Es war einmal

Es war einmal ein kleines Mädchen, das immer große, kugelrunde Augen bekam, wenn es von der Großmutter das Wörtchen "früher" hörte.

Endlich, in der Adventszeit, kam das Zauberwort. "Früher", sagte die Großmutter, "früher, da hatten wir für unseren Christbaum nur ein paar Glaskugeln. Die waren ganz fein und dünn und mit Silberstaub bestreut. Und es gab zwei Glasvöglein mit echten Federn. Es wurden nur wenige Kerzen auf die Zweige gesteckt, denn Kerzen kosteten viel Geld. Aber wir setzten uns Abend für Abend an den Tisch und bastelten wunderschönen Christbaumschmuck."

Das kleine Mädchen konnte sich gut vorstellen, dass da eine ganze Menge Schmuck zusammenkam, denn die Großmutter hatte fünf Geschwister. 

"Unsere Mutter", erzählte sie weiter, "die konnte aus Goldpapier Kugelsterne mit ganz spitzigen Zacken machen. Unser Vater schnitzte aus Holzstücken kleine Männchen und Glocken und einmal sogar ein Pferdchen. Die allerallerschönsten Sterne aber konnte meine älteste Schwester. Die waren aus weißen Papierstreifen gefaltet. Ich war immer sehr traurig, dass ich diese Sterne einfach nicht nachmachen konnte. Meine Schwester faltete deshalb jedes Jahr einen extra feinen Stern, der war nur für mich".

Das kleine Mädchen konnte sich gar nicht vorstellen, dass Sterne aus weißen Papierstreifen schön sein sollten.
Da sagte der Vater des Mädchens: "Komm, ich zeig dir solche Sterne".
Das Mädchen und sein Vater gingen zum Bahnhof der winzigkleinen Stadt in der sie wohnten. In der Bahnhofshalle - sie kam dem Mädchen riesig groß vor, weil es selbst so klein war - da stand ein hoher, hoher Chrisbaum.   
Das Mädchen konnte vor Staunen gar nichts sagen. Der Christbaum war von oben bis unten mit hunderten von kleinen Papiersternchen übersät. Nur das Christkind selbst konnte das gewesen sein! Staunend stand das Mädchen vor dem Baum und konnte sich gar nicht satt sehen. Ja, das waren die allerschönsten Sterne! Alle, alle aus weißen Papierstreifen.

Als das Mädchen größer und älter wurde und längst nicht mehr in der kleinen Stadt wohnte, besuchte es dennoch ab und zu den Bahnhof. Der war gar nicht mehr groß und die Bahnhofshalle war auch nicht mehr groß und der Christbaum war auch nicht mehr groß. Aber die Sterne, die waren noch genauso viele wie damals. Und sie waren immer noch vom Christkind und seinen Engelchen über den Baum gestreut worden.

Heute steht der Bahnhof leer. Die Halle ist leer. Den Christbaum gibt es nicht mehr. 

Die Sterne habe ich - klar, ich war das Mädchen - lange nicht mehr gesehen.

 Jetzt gibt es sie wieder. Überall sieht man die kleinen "Sterne aus weißen Papierstreifen". Nur heißen sie jetzt Fröbelsterne. Ob nun Papierstreifensterne oder Fröbelsterne - die schönsten Sterne sind sie allemal.


   
In der Puppenlieslwerkstatt gibt es sie nicht nur in weiß. Aber jetzt ist dieser Post schon lang genug. 

Mehr sterniges dann morgen.

Herzliche Puppenlieslgrüße